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Ja, seht genau her, das müssen eure Frauen auch bald erleiden.
Während Sonja die Frau untersucht, halte ich ihr Händchen.
 Mein Mann hat mich letzte Woche sitzen lassen , jammert sie.
 Er glaubt, das Baby ist von einem anderen.
 Und? Ist es das? , platzt es aus mir heraus. Und ich beiße mir
im nächsten Moment auf die Zunge und denke an Daniel.
Sie sieht mich an, lächelt und nickt.  Ja verdammt. Und es
waren die aufregendsten Stunden meines Lebens. Ich bereue
keine Sekunde.
Ich auch nicht, denke ich spontan und lächle, in der Erinner-
ung an unser Bad im Wannsee.
Sonja taucht verblüfft zwischen den Beinen der Al-
leinerziehenden auf.  Es geht wirklich los. Da es ein Frühchen
wird, solltest du besser ins Krankenhaus.
Wieder ein gellender Schmerzenschrei. Sonja schickt mich in
den Gruppenraum zurück, und ich sehe in erstarrte Gesichter.
Nur Tobias hat die ganze Action verschlafen.
 Ist das Baby schon da? , fragt die eine der In-vitro-
Schwangeren blass-naiv und hält sich den Bauch.
 Nein. Das sind nur die Vorwehen , sage ich bemüht cool, doch
spätestens nach dem nächsten, wirklich markerschütternden
Schrei, sehe auch ich aus wie ein verschrecktes Küken, das
keine Mama mehr hat.
***
Hilde steht schon wieder vor der Tür.  Kindchen, du siehst
aber schlecht aus. Einer ihrer Lieblingssätze. Ich frage mich
jedes Mal, wie man als Frau nur so unsensibel sein kann.
 Danke, du auch , entfährt es mir deshalb, und ich sehe sie
schockiert über mich selbst an. Aber zum Glück hat sie mir mal
wieder gar nicht richtig zugehört. Sie rauscht herein und be-
trachtet das unaufgeräumte Wohnzimmer, als wäre es eine
stinkende Müllkippe.
 Tut mir leid, Hilde, ich muss auf die Baustelle. Eigentlich
hätte ich noch eine halbe Stunde Zeit, aber überhaupt keine
Lust auf schwiegermütterlichen Smalltalk.
 Kindchen, in deinem Zustand solltest du jetzt wirklich kürzer
treten.
 In welchem Zustand?
 Eine Schwangere auf einer Baustelle. Da kann doch so viel
passieren.
 Du meinst, ein Dachziegel könnte direkt auf meinen Bauch
fallen?
Sie sieht mich sauer an.
 Ich werde mit Tobias darüber reden. Er verdient doch genug.
 Darum geht es doch nicht. Das ist mein Projekt. Ich bin Pro-
jektleiterin und will es bis zum Mutterschutz so weit wie
möglich & 
 Bis zum Mutterschutz?! , unterbricht sie mich in einer hys-
terischen Tonlage.  Du weißt schon, dass es dann ein hyperakt-
ives Kind werden kann?
Ich sehe sie an, und die Tränen steigen mir in die Augen. Das
fängt ja gut an.
 Du hast doch auch gearbeitet, als du mit Tobias schwanger
warst.
 Sicher, aber du siehst ja, was dabei herausgekommen ist. Der
Junge hat Hummeln im Hintern.
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 Stimmt. Aber das hat er von dir. Ich lächle nett und schiebe
sie dezent mit mir zur Tür. Hilde sieht mich an, muss grinsen
und gibt mir einen Knuff.  Du trägst das Herz auf der Zunge,
Kindchen. Das mag ich an dir.
Mit einer Schwiegermutter in spe gut klarzukommen, ist unge-
fähr so schwer, wie zweimal die Woche zum Sport zu gehen,
danach nicht beim Bäcker einen Streuselkuchen zu kaufen,
denn immerhin hat man ja 23 Kalorien verloren.
Bis jetzt war mein Verhältnis zu Hilde ziemlich sportlich. Doch
wenn das Kleine erst mal da sein wird, fürchte ich, müssen wir
einen neuen Oma-Fitnesstest bestehen.
Magda, bei der ich noch schnell einen Espresso trinke, bevor
ich auf die Baubesprechung muss, grinst mich an.
 Dein Leben wird sich um 360 Grad ändern, Nora. Man kann
es sich nicht vorstellen, wie krass das mit einem Kind ist, aber
es ändert sich einfach - alles. Und da ist das Verhältnis zur Sch-
wiegermutter noch der harmlosere Teil. Tausend Mal schlim-
mer ist die Schuhgröße! Denk an deinen Schuhschrank,
kannste alle wegwerfen.
Ich sehe sie blass an und vor meinem inneren Auge fliegen
meine braunen Lieblings-Gabor-Stiefel, meine blauen Gucci-
Pumps und alle anderen Schuhe einer nach dem anderen aus
dem Fenster und landen auf einer sonnigen Wiese.
 Du bist verrückt, ich schmeiß doch meine Schuhe nicht weg!
Ich glaube ihr kein Wort.
 Pro Kind eine Nummer größer, wenn ich s dir sage.
 Verdammt, ich hab doch jetzt schon 42! Ich sehe Magda er-
schüttert an und starre dann auf meine großen Füße.  Model-
maße hat meine Mutter immer gesagt. Um mich zu trösten,
als mich die Nachbarsjungen wieder mit meinen Entenfüßen
aufgezogen hatten. Aber in der Tat, die meisten Models haben
42!
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Magda grinst.  42?! Oh, also, wenn du noch ein Baby kriegst,
hast du dann leider 44 und beim Dritten, sorry, 45!
 Sehr witzig. Ich werde ganz bestimmt nicht noch ein Kind
kriegen. Von Tobias mangels Spermienqualität ja sowieso nicht
und von Daniel & schon gleich dreimal nicht. Ich starre mein-
en Bauch an und ahne, dass sich mein Leben in Kürze in eine
Naturkatastrophe verwandeln wird, die auf einer Richterskala
einfach nicht mehr zu messen ist.
Es ist Zeit für die Baubesprechung mit Baltimore. Dabei habe
ich immer noch keinen Künstler, der sich für unser schmales
Budget erwärmen konnte. Ich hetze los.
 Darling, Sie sind wirklich an Lahmarschigkeit nicht zu überbi-
eten , empfängt er mich lächelnd.  Und da schwangere,
arbeitende Frauen immer als gleichwertig behandelt werden
wollen, ist der Fötus da drin auch keine Ausrede.
 Werter Herr Baltimore , versuche ich ruhig zu atmen wie ich
es in meiner letzten Yoga-Stunde gelernt habe.  Ihre Dre-
istigkeit ist nicht zu überbieten, und ich möchte Sie hiermit bit-
ten, sich von diesem Bauprojekt zurückzuziehen. Mit Ihnen
möchte keiner in dieser Siedlung wohnen. Und ich betone
keiner!
Baltimore sieht mich verdutzt an, und zum ersten Mal fällt ihm
kein dummer Spruch mehr ein. Ich lächle zuckersüß, raffe
meine Unterlagen zusammen und gehe. Wenn ich eines gelernt
habe durch meine Schwangerschaft, dann ist es das: nicht mit
nervtötenden Leuten seine Zeit verschwenden. Denn das Baby
im Bauch spürt schlechte Stimmung. Und selbst wenn man
nicht schwanger ist: Es tut einem einfach nicht gut.
Gerade, als ich stolz über mich in unsere Küche komme, um
mir einen Schwangerschaftstee von Kräuter Kühne aufzu-
gießen, klingelt mein Handy.
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 Werner hat mich versetzt, das Riesenarschloch , donnert mir
Jacky entgegen. Im Hintergrund höre ich wie immer
quäkendes Babygeschrei, und ich muss gestehen, ich verstehe
ihn ein wenig.
 Also irgendwie ist das ja schon komisch, dass Gregor so viel
schreit , versuche ich mich möglichst nicht auf dieses
 Männer-sind-alle-Schweine -Niveau herunter zu begeben (die
einzige Ausnahme ist Baltimore), sondern die Ursache psycho-
logisch zu durchleuchten.
 Was willst du denn damit sagen?! , faucht Jacky mich an.
 Dass es an mir liegt, dass Greggy ein nervtötender Schreihals
ist?! Weil ja immer die Eltern an allem schuld sind und die al-
leinerziehenden Mütter sind ja sowieso die Totalversager?!
 Äh, nein, das wollte ich nicht sagen. Aber jetzt mal ganz ehr-
lich. Irgendwie versteht man ja fast, dass das einem Mann, der
nicht der Vater ist, manchmal einfach & zu viel ist. Egal wie
toll die Frau auch sein mag.
Pause, Pause, Pause am anderen Ende der Leitung.
Wie verprellt man seine beste Freundin in drei Sekunden? [ Pobierz całość w formacie PDF ]

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